where the dust dwells
and the rust sings
dusk is silently falling
like silver snowflakes
into oblivion

03 March 2011

LEERSTEHENDE LAGERHALLE - VACANT WAREHOUSE



































MUSIC FOR URBAN EXPLORERS # 9
ASMUS TIETCHENS: SEUCHENGEBIETE 2


01. hydrophonie 13
02. hydrophonie 8
03. hydrophonie 11
04. hydrophonie 12

welcher fluch hat den okzident getroffen, dass er am ende seiner schwungvollen laufbahn nur noch jene geschäftsleute, jene pfeffersäcke, jene kleinigkeitskrämer mit dem verkümmerten lächeln hervorbringt, die man überall antrifft, in italien wie in frankreich, in england ebenso wie in deutschland? musste eine so feinfühlige, so umfassende zivilisation bei diesem geschmeiß enden?
e.m. cioran: geschichte und utopie

SYRENIA 1
ASMUS TIETCHENS
BOOKS FOR URBAN EXPLORERS # 6
GEORG KLEIN: DIE SONNE SCHEINT UNS


Vita wird aufgehalten. Im zweiten Stock unterbricht er seinen Aufstieg, weil er ganz leis Musik vernimmt. Er wendet sich aus dem Treppenhaus ins Finstere, freut sich, dass seine gutgewichsten Fallschirmjägerstiefel kein bisschen quarren. Vor der Milchglastür fasst er die Keule fester. Auch dahinter müsste es völlig dunkel sein, aber zusammen mit einem sanften Wummern dringt ein schwacher Lichtschein durch das Glas. Er drückt die Klinke und schiebt die Tür eine Handbreit auf. Die zweite Etage ist in zwei gleich große Säle gegliedert. Den Kopf im Türspalt, erschnuppert Vita aus dem ersten erneut, was ihm und seinem einstigen Kollegen, als sie die beiden Räume nach Hinweisen durchsuchten, Rätsel aufgab.
"Es riecht nach Fleisch!", hatte der selige Light verdutzt gerufen, "nach altem, abgehangenem Fleisch!", und hatte die klobige Nase wie ein Spürhund in die Luft gereckt. Vita war kurz versucht gewesen zu glauben, man habe auf diesem Stockwerk Tiere gehalten, Ziegen oder Schafe, und deren strenge Ausdünstung hänge nun weitehin im Raum, obwohl das Viehzeug längst, den letzten Nutzern des Gebäudes folgend, hinausgetrottet sei.
Sie stellten fest, dass beide Säle nichts außer schweren, langen Tischen enthielt. Light beugte sich tief über das Resopal der Arbeitsflächen, schnüffelte mit geschlossenen Augen und meinte, vielleicht habe man darauf alten Schinken oder Dörrfleisch portioniert. Vita hingegen rechnete damit, auf ein totes Tier, und sei es nur eine verweste Ratte, als Ursache des Geruchs zu stoßen. Aber dann war die Lösung noch etwas schlichter. Im hinteren Raum fand sich, säuberlich in der Mitte zusammengekehrt, ein Haufen Lederreste. Light wühlte mit dem Fuß darin herum, aber unter den glatten Flecken und Bändeln kamen nur weitere rauhe, glatte, naturfarbene oder buntgebeizte Lederfetzen hervor. Das Ganze schien der Verschnitt von Näharbeit zu sein. Hier auf der zweiten Etage waren offenbar Jacken, Taschen oder Gürtel gefertigt worden.
Das Licht, das Vita lockt, dringt aus dem zweiten Raum. Er ist durch eine Zwischenwand aus trüben Glasbausteinen vom vorderen getrennt. Im Eck, dort, wo die gläserne Wand an die Aussenmauer rührt, steht eine Sackkarre, die Vita bei Tageslicht nicht aufgefallen ist. Aus der halboffenen Tür zwischen den Etagenteilen schwingt auch die eigentümliche, sich zäh voranleiernde Musik herüber. Obwohl sie Vita jetzt vollends asiatisch vorkommt, als wäre sie von Ethnologen in den Tempeln Thailands oder Kambodschas aufgezeichnet worden, ist ihm das an- und abschwellende Wummern und Jaulen auch Rätselhaft vertraut. Von irgendwoher kennt er das Gejodel. Und da fällt es ihm ein. Wird etwas wirklich langsam, wird es fremd. Er hat diese Musik in richtiger Geschwindigkeit, im Gleichtakt mit Gitti, in den Rhythmen ihres Bühnentuns, wohl an die fünfhundert Mal gehört.
Das ist nicht schlecht. Das ist ein guter Witz, schenkt ihm im Nu ein zartes Grausen und steigert seine Jagdlust. Er schiebt die Tür mit seiner Keule auf und sieht den Abspielapparat. Auf dem Fußboden steht ein altes Tonbandgerät, an dessen Front zwei winzige gelbe Lämpchen glimmen Die großen Spulen drehen sich träge gegen den Sinn der Uhr. Kein Kabel führt an das Gerät. Vita begreift, dass das urige Ding mit Batteriestrom läuft. Und weil der schwach geworden ist, hat sich die Wiedergabe der aufgenommenen Musik verlangsamt. Das ganze Gezwitscher und Gestöhne, ihr immer noch aktueller Ritzen-Soundtrack, ist tief und alt und schwerfällig geworden.
Die beiden Magnetspulen werfen eiförmig verzogene Schatten. Die Lampe, die sie von hinten bestrahlt, sitzt oben in einem hohen, glockenartigen Objekt. Es hat den Umriss einer riesigen Pudelmütze mit einem fußballgroßen Puschel. Weil diese Spitze Vita das Licht genau entgegenschleudert, bleibt ihm die Beschaffenheit des Unterbaus verborgen. Also macht er einen Schritt zu Seite, tritt aus dem blendenden Strahl und nähert sich der Glocke vorsichtig in einem kleinen Bogen.
Schon kann er sehen, dass es sich um ein zeltähnliches Gebilde aus silbriger Plastikfolie handelt. Aber erst als er sich bis auf einen letzten Schritt heranwagt und mit der Keule an den Kunststoff stupst, bekommt auch die Spitze, die dem Iglu aufgesetzte Kugel, ein beruhigend deutliches Profil. Vita erkennt die etwas zu flache Nase. Vita betrachtet, zum ersten Mal mit freundlicher Belustigung, wie Stirn und Kinn, fleischig gepolstert, nach hinten fliehen. Sogar die Mundpartie erscheint ihm unverwechselbar, obwohl die Taschenlampe, ins Gebiss geklemmt, die linke Backe ausbeult und die Lippen so verzieht, dass der Erstverstorbene des Teams nahezu affenmäulig aussieht. Der Schein der Lampe ist bestechend stark. Ihre Batterien müssen noch fast voll sein. Technik, die funktioniert, tut gut. Exakt so eine Arbeitsleuchte hat ihm noch gefehlt. Er steckt die Keule in den Gürtel. Seine Rechte greift in den sandigen Schopf des Schädels, während seine Linke den geriffelten Blechzylinder der Taschenlampe packt. Mit einem rohen Ruck reißt er sie Funny aus den Zähnen.

GEORG KLEIN
RORORO
MUSIC FOR URBAN EXPLORERS # 8
SPK: ZAMIA LEHMANNI - SONGS OF BYZANTINE FLOWERS


01. invocation (to secular heresies)
02. palms crossed in sorrow
03. romanz in moll (romance in minor key)
04. in the dying moments
05. in flagrante delicto
06. allocasia metallica
07. necropolis
08. the garden of earthly delights
09. the doctrine of eternal ice

graeme revell: all instruments
sinan: voices on 4, 6 & 8
jan thornton: voice on 5
choir of the russian old orthodox church of sydney: voices on 1 & 4

THE GREY AREA SPK 3CD
SPK